Dienstag, 19. November 2013

Meditative Achtsamkeit beim Essen

Vor ein paar Wochen bin ich auf einem interessanten Artikel im stern gestoßen. Es ging um Meditation und wie man damit der Ruhelosigkeit unserer Gesellschaft ein kleines Schnippchen schlagen kann.


Wir sind mittlerweile ja wirklich alle nur noch am vorwärts stürmen: Effizienz ist angesagt!
Immer muss man irgendetwas machen und am besten sollte daraus noch irgendein Profit springen. Gleich ob auf mentaler, körperlicher und oder finanzieller Ebene!


Ich nehme mich hier nicht aus. Befürchte sogar, ein schlimmer Vertreter dieser Gattung Mensch zu sein. Obwohl man von Glanzleistungen absehen kann, steht bei mir immer das Notizbuch oder die App Evernote im Vordergrund. Ich schreibe mir jeden Abend im Detail auf, was ich am darauffolgenden Tag erledigen muss. Das beginnt bei ganz trivialen Dingen. Sei es Laufen oder irgendwelcher organisatorischer Krimskrams und geht natürlich zu Themen, die die Arbeit und das Studium betreffen. Hier sehe ich aber auch einen Vorteil. Ohne diese Stützen würde ich nur so in den Tag hineinleben. Es gibt Struktur.


Ich will aber in diesem Eintrag das Thema "Achtsamkeit" in den Fokus stellen.
Der stern schrieb in seinem Bericht über verschiedene Praktiken bei der man dem Alltag entfliehen und auch ganz ohne Reue Loslassen kann. Es geht von Zen, über das Treiben der türkischen Derwische bis hin zum Achtsamkeitstraining.

Was ist nun dieses Achtsamkeitstraining?
Unter achtsamkeit-lernen.de beschreiben die Autoren es wie folgt:

Achtsamkeit [...] ist eine offene, akzeptierende und gleichmütige Einstellung gegenüber Emotionen und Gedanken, die in der Wahrnehmung, im Bewusstsein auftreten. Hierzu zählen sowohl echte Gedanken und Überlegungen, wie auch Gefühle von Angst, Trauer, Haß, Freude, Euphorie etc. wie auch körperliche Gefühle. Achtsam handelt, wer sich voll und ganz dem zuwendet, was er gerade macht bzw. was gerade passiert, ohne die Geschehnisse oder Gedanken zu bewerten. Wirklich im Hier und Jetzt zu sein, stoppt das Affengeschnatter und reduziert somit nachhaltig des Streß. Ruhe und Gelassenheit verstärken sich. Durch das Erlernen der Achtsamkeit ohne ständige Bewertung von Gedanken und Gefühlen gewinnt man den weiten Blick auf die Dinge, kann sich aber andererseits leichter von einzelnen Themen leichter lösen, in die wir uns üblicherweise verbeißen, was zu Streß, Ängsten und Unwohlsein führt. ...

Es geht dann noch einige Zeilen weiter, aber ich glaube mit der "Definition" kann man schon sich einigermaßen bewusst werden, was Achtsamkeit ist.


Um nun komplett auf mein Topic zu kommen will ich nun das Essen auch mit einbeziehen. Jetzt haben wir auch wieder einen Bezug zum Themenbereich des Blogs ;).
Ich habe mal vor vielen Jahren irgendwo gelesen, dass man eine Mahlzeit genießen soll, als wäre es die letzte, also die Henkersmahlzeit. Gelegentlich und freilich nicht immer kommt mir dieser Satz in den Kopf und ich frage mich wie ich das zu 100% schaffen soll?
Klar, ich esse nicht im Stehen und ich versuche auch nicht einen Film während des Essens zu schauen. Doch ertappe ich mich fast immer dabei, dass ich mein Handy vor mir liegen habe und irgendwelche News aus der Sueddeutsche-App lese. Was sollte ich den sonst tun?
In die Ecke starren? Reden? Oder einfach nur das Essen in jeder Nuance genießen?
Man hat womöglich viel Zeit bei der Zubereitung investiert und dann schlingt man es schnell hinunter.
Wo liegt da der Sinn? Ok, man deckt den Kalorienbedarf, aber bietet es sonst noch einen Mehrwert?
Was ist einem lieber? Mehr Zeit investieren, aber dann auch den Moment intensiver mit allen Sinnen genießen oder weniger Zeit und diese kurze Lebensspanne im Grunde einfach negieren... ?

Achtsamkeit-lernen.de beschreibt "Achtsames Essen" mit einer Walnuß:

Nehmen Sie zunächst die Walnuß in die Hand. Betrachten Sie die Walnuß. Wie sieht sie aus? Welche Form hat sie? Wie fühlt sie sich an? Wie riecht sie? Gleiten Sie mit ihren Fingern über die Höhen und Tiefen der Walnuß. Machen Sie nichts anderes. Konzentrieren Sie sich ausschließlich auf die Walnuß. Jetzt stecken Sie die Walnuß in den Mund. Beißen Sie noch nicht zu, sondern erfahren Sie die Walnuß mit Ihrer Zunge. Spüren Sie die interessante und individuelle Form der Walnuß auf der Zunge. Wie fühlt sich die Walnuß an? Gibt es jetzt schon einen Geschmack im Mund? Probieren Sie Walnuß an unterschiedlichen Stellen Ihres Mundes zu schmecken. Sie werden merken, es gibt ganz unterschiedliche Eindrücke. Beginnen Sie jetzt zu kauen. Kausen Sie langsam, ultra-langsam, 20-30 mal. Spüren Sie was passiert, welche Geschmacksveränderungen eintreten. Spüren Sie jeden kleinen Nußkrümel. Beim Schlucken geben Sie darauf Acht, was sich verändert. Wie läßt sich das Verändern des Geschmacks beschreiben. Wenn Gedanken oder Gefühle entstehen, beobachten Sie diese Gedanken und Gefühle ohne sich darin zu verheddern. Kehren Sie einfach zur Walnuß und zum jeweiligen Schritt zurück.

Naja, ich muss zugeben. Das ist extrem. Ich kann 20-30 mal kauen, das dürfte kein Problem sein. Wenn ich aber nun die Nuss erstmal noch angucken muss... mhhh... könnte schwer werden!

Ich würd ja sagen, es reicht doch für uns Normalos schon aus, wenn wir einfach die Zeit während der Mahlzeit wirklich genießen.
Wir sitzen vor dem Essen, kauen es langsam, genießen die Ruhe, kein Radio, kein Fernseher, nichts stört uns. Wir sind komplett auf unser Essen konzentriert. Hier kann man doch genauso die verschiedenen Aromen besser schmecken und rein mental auch wieder etwas runter kommen.
Mir selber fällt immer auf, dass mich das Kochen beruhigt. 10 Meter weiter surrt mein PC vor sich hin und erwartet mich mit nächsten Schreckensmeldungen oder manchmal auch mit tollen Neuigkeiten -> Während der Zubereitung bin ich voll und ganz auf das Schnippseln und das Umrühen fixiert. Der Unglücksbote im Nebenzimmer wird nebensächlich. Gerade das Schneiden von Gemüse ist ja eine Leidenschaft von mir. Da ich nicht die Fähigkeit besitze wie ein Pro in Lichtgeschwindigkeit alles klein zuhauen, macht's bei mir eher klack..., klack..., klack..., da fällt man ja schon fast in eine Art Meditation :).


Nach dem Schneiden kommt die Pfanne ins Spiel. Erhitzen, das Gemüse wird reingekippt und jetzt muss nur noch gelegentlich umgerührt werden. Das Brutzeln und Zischen, gepaart mit dem leicht surrenden Geräusch des Herds... genial! Diese rituelle Einfachheit der Dinge machen wohl diese - im ersten Moment als banal bewertende - Sache so wertvoll.

Wer sich noch weiter mit der Thematik Achtsamkeit auseinandersetzen will.
Der stern hat mehrere Übungen beschrieben: Link
Auch achtsamkeit-lernen.de hat eine große Anzahl an Übungen: Link

Es geht ja eigentlich darum, dass man nicht immer mit seinem Gedanken abschweift. Man hört dem Gegenüber nicht mehr zu, weil man ja schon ganz woanders ist. Die Arbeit ist wichtiger oder "Was soll ich den heute Abend kochen?", "Habe ich alle Unterlagen?"... und sich selbst wird man auch fremd.
Wer "Malcolm mittendrin" kennt, kann sich vielleicht an die eine Folge mit dem älteren Bruder Francis erinnern, als er auf eine Prüfung lernen musste.
Fokussierung auf eine Sache, die sicher ihm keinen Spaß bereitete. Jetzt kam da aber eine erfreuliche Ablenkung: Eine Fliege! Ich weiß nicht wie die Folge genau ausging, aber im Grunde beschäftigte Francis sich die ganze Zeit nur noch mit der Fliege und nicht mehr mit der eigentlichen primären Tätigkeit, dem Lernen!

Lasst uns doch einfach in Zukunft einmal mehr im Moment leben. Vielleicht helfen die Achtsamkeitsübungen dabei. Beim Essen kann mans ja schon mal bissl üben ;).

In diesem Sinne!
PS: Ich werde jetzt mal langsam dann mein Programm für den heutigen Tag abarbeiten... eindeutig lernresistent :).





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