Sonntag, 17. November 2013

Istanbulmarathon 2013 - Ich bin auf den Geschmack gekommen!

Eigentlich war ich ja schon lange zuvor der Meinung, dass ich süchtig nach Sport bin.
Wenn ich nicht jeden Tag meinen Körper durch den Fleischwolf drehe, geht mir schon etwas ab ;).
Niemals zuvor habe ich aber die Atmosphäre eines Wettkampfes geschnuppert.
Heute war es endlich so weit... und es war einfach unbeschreiblich!



Eigentlich wäre es ja für mich nie zu diesem Lauf gekommen. Als alter Geizhals wollte ich kein Geld für etwas ausgeben, bei dem ich wie ein Hornochse schwitzend durch die Gegend renne.
Gestern kam es aber zu einem schicksalhaften Ereignis. Durch ein mysteriöses Vorkommnis schoss meine Kamera ein Foto von einem der Nummernschilder, das den Teilnehmer als autorisierten Läufer für den Istanbulmarathon kennzeichnet.
Wie durch Geisterhand flog mir dann auch noch eine fast echt wirkende Fotokopie des Nummernschild in die Hände. Sollte ich diese Chance nicht nutzen?
Zwar würde ich nun entgegen den Vorschriften an dem Lauf teilnehmen, aber würde ich jemanden schaden? Nein, die Straße sollte ja genügend Platz bieten und niemand würde von der Brücke springen, wenn ich sie querte. So war wenigstens mein Verdacht, der sich schlussendlich auch bestätigte!

In der Nacht des Wettkampfes konnte ich kaum ein Auge zu machen. Irgendwie war mein Kopf erfüllt von Gedanken, die den Lauf betrafen. Würde es klappen? Könnte ich teilnehmen? Toilette?
Je länger ich nicht einschlafen konnte, umso mehr strapazierte ich meine Hirnwindungen hinsichtlich meiner Leistungsfähigkeit am morgigen Tag.
Wenn möglich wollte ich doch nicht schon nach wenigen Minuten zusammenbrechen und nach einem Lazarett bitten und betteln. Wie sollte das auch aussehen? Da zieht man sich Klamotten an, die einem als ambitionierten Läufer kennzeichnen, trägt einen Laufrucksack auf dem Rücken und die Garmin piept auch noch ganz wichtig in der Gegend rum... . Ein schnelles Ende wäre einfach prekär!
Gerade für mein Selbstbewusstsein wäre dies eine Garantie für ein wochenlanges seelisches Tief ;)!
Ein anderes Thema war das Überholen!
Wie wohl viele andere Läufer auch, hasse ich es, wenn mich jemand überholt. Da ich bis jetzt noch nie in großen Menschenmengen gelaufen bin, kam das praktisch auch noch nie vor. Ich hatte höllische Angst. Je länger man etwas aufschiebt umso schlimmer wird es.
Nun musste ich mich dieser Sache stellen:
Sicher würden mich schon die Omas nach wenigen Metern überholen!

Der Morgen brach an. Schnell noch ein Brot verschlungen und schon ging's um 06:40 in Richtung Taksim, bei dem die Busse zum Startpunkt des Marathons fahren würden.
Kontrolle von Nummernschildern? Fehlanzeige! Nichts machte auch nur den Anschein einer Kontrolle. Ich sah keinen einzigen Security. Natürlich standen am Taksim die obligatorischen Maschinengewehrträger der Polizei, aber die machten ja eh wie immer Hans Guck-in-die-Luft!
Auf dem Weg zu den Bussen musste man sich an einer eher unkoordiniert wirkenden Menschenschlange anstellen. Es gab eine schöne rote Laufmütze als Geschenk! Leider hatte ich ja schon meine Bandana auf dem Kopf und so kam ich an diesem Tag nicht in den Genuss dieser Kopfbedeckung. Da es aber bekanntlich noch nicht aller Tage Abend ist, kann es wohl in Zukunft doch noch dazu kommen ;).

Die Fahrt war angenehm. Nirgends gab es Stau. Die halbe Innenstadt war auch vorsorglich gesperrt worden. Immer noch voller Angst erwartete ich das Vollstreckungskommando am Startpunkt! Irgendwo mussten die doch kontrollieren. Zu meinem Glück gab es schlichtweg keine Kontrollen. Top Support für meine kleine Gaunerei ;)!

Es ist ein Spektakel! Festivals können da nicht mithalten. Man ist freudig erregt, es kribbelt im Magen, die Finger zittern und man schaut dem Treiben einfach schon fast meditativ zu. Überall laufen Verkleidete herum und die Leute sind alle freundlich: Es ist Ausnahmestimmung angesagt!

Ich will niemanden etwas vormachen. Natürlich würde ich nicht den Marathon laufen. Mir reichen auch schon die zehn Kilometer (schlussendlich wurden es dann doch die fünfzehn Kilometer, aber dazu später mehr). So war ich nicht so unter Druck wie wohl die Marathonläufer :). Ich konnte die Atmosphäre auf mich wirken lassen.
Einmal lief ein alter Herr durch die Menschenmenge. Er hatte ein Radio in seiner Hand und trug eine Startnummer, die ihn als einen Läufer kennzeichnete, der die 42 Kilometer in Angriff nimmt. Er sprang herum und belustigte die Leute. Keine Droge war im Spiel. Er war einfach gut drauf und genoss den Augenblick!


Zehn Toiletten und das Hundertfache an Interessenten. Einziger Minuspunkt an diesem Marathon!
Als Mann hat man es einfach, aber wenn man als Dame an der Sache teilnehmen will, ist das schon etwas unangenehm :).
Meine Laufkollegen warteten auf Einlass in eines der erlauchten Gemächer, die auch als Dixiklos bekannt sind.


Derweil marschierte ich zu Bussen, die das Gepäck lagerten. Erstmal fand ich den richtigen Bus nicht und zweitens wäre auch meine Läuferkarriere schon fast zerplatzt bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte. Als ein jemand, der ja die Tollpatschigkeit gebucht hat, wäre ich fast über eine Leitplanke geflogen. Ich hatte die Höhe falsch eingeschätzt und so grätschte ich mit meinen Beinen darüber, hätte mir fast einen Wolf im Schritt gerissen und wäre anschließend mit der Nase voran auf dem Asphalt gefallen. Alleine die Gunst Fortunas rettete mich vor diesem glanzlosen Abritt und ich schaffte es schließlich fast ohne Schmerzen über die Leitplanke. Es tut mir zwar auch jetzt während dem Schreiben noch die Hüfte weh, aber das ist jetzt auch schon egal ;).

Irgendwann standen wir dann in einer gigantischen Menschentraube und warteten auf den Start. Eine Frauenstimme animierte die Leute zu diversen Aufwärmübungen und es machten auch viele der Läufer mit.

Auf einmal ging es los. Die Menschen drängten nach vorne. Die Uhren wurden gestellt, die Smartphones wurde begrapscht und so mancher gab auch einfach Mutter Sonne einen Luftkuss!
"GoGoGo" ....ohne Rücksicht auf Verluste mit Beinen, Armen, Händen und Kopf sich einen Weg durch die Menge bahnen. Das war nun angesagt!
Es wäre mir ja fast passiert, dass ich eine wirklich alte Dame komplett umgemäht hätte. Zum meinen Glück konnte ich aber gerade noch ohne viel Körperkontakt an ihr vorbeifallen. Ich vergewisserte mich, dass sie nicht zuviel abbekommen hatte und ja... sie lachte!

Wir waren nun auf der Bosporusbrücke. Sie verbindet zwei Kontinente: Asien und Europa und wir starteten im asiatischen Part und liefen nach Europa! Wie vielen großen Eroberer vergangener Tage ging es für uns nun auch in Richtung Abendland ;)!
Leider kann ich jetzt gar nicht so sagen wie die Aussicht von dieser Brücke war. Ich war mehr damit beschäftigt nicht die Leute umzurennen. Viele nutzten den Marathon auch zu einer gemütlichen Wanderung. Das war schon etwas ungemütlich für uns Läufer. Immer wieder stand jemand vor einem und machte Fotos von der schönen Aussicht!

Es ging gut voran. Die Strecke war toll. Wenn man nun schon längere Zeit in Istanbul lebt, kennt man die Gegend. Sie ist immer mit Autos voll. Da ich ja auch oft dort laufe, schätze ich nun sehr diese autofreie Zeit. Musik war überall zu hören. Es gab klassische türkische Musik, aber auch neuartige Einheizmusik. Alles nur für uns Läufer! Toll!
In gewissen Abständen konnte man sich mit Wasser stärken oder sich einen Schwamm nehmen.

Irgendwann kam ich dann am "Zehn Kilometer-Finish" vorbei und mein Körper zeigte noch wenig Ausfallerscheinungen. Ich dachte mir, die anderen fünf Kilometer kann ich dann auch noch laufen. Es war bissl härter, aber nach der Analyse der Laufdaten war die Geschwindigkeit relativ gleich.
Im Ziel angekommen drückte mir ein Mann eine Plastiktüte in die Hand.
Neben einer Vielzahl an Leckerlis gab's auch eine Medaille!
Zwar hatte ich betrogen und es tut mir auch ein bisschen Leid, aber sch****drauf: Ich hab jetzt so ein rundes, schnuckliges Teil -> Medaille! :)



Ergebnis:

10 Kilometer: 41, 851 min
15 Kilometer: 61, 871 min

Wenn sich mal jemand hier in meinen Blog verliert, der irgendwas mit Marathonveranstaltungen zu tun hat: Keine Angst! Ich zahle ab jetzt dafür! Großes Ehrenwort! Ich schwöre auf den großen Manitu!

Warum gefiel es mir so gut?
Die Menschenmenge, die Atmosphäre und die ganze Aufregung die einem überkommt, wenn man das Startgebiet betritt. Die Wartephase aber auch der Flash während des Laufens... ein Genuss! Es macht einfach nur Spaß!
Erst jetzt zuhause vor dem Laptop, wenn man den Tag Revue passieren lässt und sich jede Nuance noch einmal durch den Kopf gehen lässt, muss ich sagen: Der ganze Lauf war ein grandioses Erlebnis, der mit Schmerz aber auch mit Freude erfüllt war! Mit dem Zieleinlauf erreicht man dann sein selbst gewähltes Ziel und darf in einem Meer voller Stolz auf seine eigene Leistung "baden". Mehr oder weniger ;).
Nichtsdestotrotz hat es auch ein Manko:
Ich kenne mich ja allzu gut! Es könnte nun in einer Sucht enden ;).









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